Die griechischen Behörden wollen ein Exempel statuieren, um damit mögliche
Nachahmer abzuschrecken.
In der vergangenen Woche sollten dem irisch-deutschen Studenten (Schwerpunkt Europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik) Seán Binder und der syrischen Rettungsschwimmerin Sarah Mardini, die derzeit in Berlin lebt, sowie 24 weiteren Flüchtlingshelfer:innen auf Lesbos, der Prozess gemacht werden. Den Aktivist:innen drohen in Griechenland bis zu 20 Jahre Haft.
Die Anklage wirft ihnen Spionage, Verrat von Staatsgeheimnissen, Geldwäsche, Schlepperei, die Bildung einer kriminellen Vereinigung und weitere Vergehen vor. Der Prozess wurde jedoch vertagt bzw. an die nächsthöhere Instanz verwiesen.
“Wir werden noch Monate auf Gerechtigkeit warten müssen” twitterte Sean am Donnerstag dazu. “Die Kriminalisierung von humanitäter Arbeit geht weiter.“
Judges had to send our case to the higher court. This court lacked jurisdiction. Further evidence the prosecution has erred in law, in fact and now in procedure.
We'll have to wait months longer for justice.
The criminalisation of humanitarianism continues.#DropTheCharges
— Seán Binder (@sean_binder_) November 18, 2021
Amnesty International (AI) in Griechenland stellt in der Sendung „Stigma des Tages“ auf Radio MERA fest, dass die Strafverfolgungen Teil eines Plans sind, der die Bürger:innen davon abhalten soll, sich für Menschenrechte einzusetzen. Sie werden mit nicht stichhaltigen Anschuldigungen vor Gericht gestellt. Darüber hinaus gab es offenbar zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Vernehmung und Inhaftierung, die sich über drei Monate hinzog. Der Fall zeigt einen allgemeinen Trend: Die griechischen Behörden scheinen bereit zu sein, humanitäre Hilfe zu kriminalisieren, um die Bürger:innen daran zu hindern, Flüchtlinge und Migrant:innen zu unterstützen.
In der vergangenen Woche erklärte Yanis Varoufakis, Vorsitzender von MERA25 in Griechenland vor dem griechischen Parlament, die Anklagen gegen Binder und Mardini hätten das Land international in Verruf gebracht, und er betonte, in „weniger harten Zeiten“ würden die jungen Aktivist:innen für ihren Idealismus belohnt und nicht strafrechtlich verfolgt (The Guardian).
Wir sehen zunehmend einen allgemeinen Trend zur Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidiger:innenn. Überall in Europa sind ähnliche Beispiele zu beobachten. Schon 2016 standen drei spanische Feuerwehrleute wegen Menschenschmuggels vor Gericht, die als Seenotretter gearbeitet hatten. Der Prozess zog sich zwei Jahre in die Länge, bis sie freigelassen wurden (Quelle: AI). Der Bericht von Amnesty International listet die verschiedenen Methoden auf, mit denen europäische Regierungen gegen Bürger:innen vorgehen, die an Europas Außengrenze unsere Menschenrechte verteidigen.
In einem weiteren Bericht vom vergangenen Sommer hat Amnesty International zahlreiche Fälle von Push-Backs, vor allem auf dem Landweg, dokumentiert und den griechischen Staat aufgefordert, diese Vorwürfe von neutraler Seite untersuchen zu lassen. Auf der Grundlage dieser Beweise kamen sie zu dem Schluss, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass es Muster gibt, die sich ständig wiederholen.
„Schuldspruch für Migrantenrechtsverteidiger könnte mehr Tote auf See bedeuten“ – UN-Expertin Mary Lawlor
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