Israel und Palästina: In den Klauen der Gewalt

Seit 2005 wurden im Gazastreifen über tausend Kinder getötet. Es gibt keine Angriffe auf „militärische Einrichtungen“, ganz Gaza ist Ziel

Vor einigen Tagen richtete sich die Aufmerksamkeit der Welt endlich auf die Ereignisse in Israel und Palästina. Dies geschah nach dem Angriff der extremistischen islamistischen Gruppe Hamas auf israelische Zivilist:innen. Zweifellos hat die Militanz und Brutalität der Hamas bei vielen Menschen Abscheu hervorgerufen.

Bemerkenswert ist, dass der israelisch-palästinensische Konflikt täglich stattfindet. Nur die Mainstream-Medien berichten nicht über die Morde an nicht-weißen Menschen. Die Zionist:innen, die für die Rückkehr der Jüd:innen in dieses Land eintreten, haben aus Palästina ein kleines Ghetto inmitten eines Apartheidstaates gemacht. Auf dem Bild unten ist zu sehen, wie sich die Grenzen Israels und Palästinas in der angegebenen Zeit verändert haben.

Al Jazeera

In der Zwischenzeit kontrollieren die zionistischen israelischen Behörden die Stromversorgung, die Wasserversorgung, die Bewegungsfreiheit und alle anderen Grundbedürfnisse der im Gazastreifen lebenden Palästinenser:innen. Ich möchte daran erinnern, dass der Gazastreifen etwas größer ist als Kotor [kleine Stadt in Montenegro] und dass in diesem Gebiet über 2,3 Millionen Menschen leben. Genauer gesagt, sie leben nicht, sondern überleben nur knapp und viele sterben, weil es ihnen an grundlegenden Dingen fehlt, die immer noch von den Zionist:innen kontrolliert werden. Die Angst vor ständigem Bombardement, vor weißem Phosphor (eine von der UN-Charta verbotene Waffe in der Kriegsführung), vor Schlägen und Folter durch israelische Soldat:innen ist für diese Palästinenser:innen allgegenwärtige Realität. Seit 2005 wurden im Gaza-Streifen über tausend Kinder getötet. Es gibt keine Angriffe auf „militärische Einrichtungen“, ganz Gaza ist Ziel.

Nach dem generationenübergreifenden Trauma, das die Juden nach all den Schrecken und Völkermorden des Zweiten Weltkriegs mit sich herumtragen, reproduzieren die Zionisten ähnliche Methoden wie ihre früheren Henker. Yanis Varoufakis schrieb:

„Ich verurteile die Tötung jedes einzelnen Menschen, geschweige denn von 40. Ich verurteile auch die Vorstellung, dass Israel jahrzehntelang Apartheid und Kriegsverbrechen in Selbstverteidigung begangen hat. Einem ganzen Volk jahrzehntelang Apartheid/Besatzung aufzuzwingen, kann NIE Selbstverteidigung sein.“

Natürlich geht es hier nicht um Jüd:innen und auch nicht um „gewöhnliche“ Israelis, sondern um Ideolog:innen – Zionist:innen, die an der Macht sind; ihnen widersetzen sich viele Angehörige dieser Religion und dieser Nation, darunter Yuval Noah Harari, einer der größten lebenden Intellektuellen.

Unter anderem wegen dieser starken Opposition ist das Regime von Benjamin Netanjahu ins Wanken geraten. Der israelische Ministerpräsident schürt mit seiner aggressiven Politik gegenüber den Palästinenser:innen die Angst der Israelis selbst. Schaut euch den Gaza-Streifen und das Westjordanland an: Die Palästinenser:innen leben in überbevölkerten Gebieten mit Netzen über ihren Köpfen, in die ein Teil der Israelis Müll wirft und lagert, dieselben Netze, durch die regelmäßig Steine geworfen werden, und der gelegentliche wütende Junge, der aus Wut einen Angehörigen einer der stärksten Armeen der Welt trifft, muss mit einer Kugel rechnen. Israelische Organisationen wie B’Tselem, das israelische Informationszentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten, schreiben regelmäßig darüber.

Wenn ich rein von Zahlen spreche: Nach UN-Angaben wurden in den Konflikten zwischen Israel und Palästina von 2008 bis 2020 schätzungsweise 5.590 Palästinenser:innen und 251 Israelis getötet. Was die Verletzten betrifft, so wurden allein im Jahr 2018 31.558 Palästinenser:innen und 130 Israelis verletzt. Millionen Palästinenser:innen wurden aus ihren Häusern vertrieben, ohne dass sie ein gesetzlich garantiertes Recht auf Rückkehr haben.

United Nations

Woher kommt also die Hamas in all den Medien? Diese klerofaschistische Gruppe ist nur eine von vielen, die für die nationale Befreiung der Palästinenser:innen kämpfen. Natürlich mit grausamen Methoden, die jeder normale Mensch verurteilen würde. Die Hamas hat auch viele liberale und oppositionell gesinnte Israelis entführt und brutal getötet.

Aber genau diese Hamas wurde von den israelischen Behörden finanziert, um die linken Kräfte der nationalen Befreiung zu unterdrücken und den Fokus auf islamische Fundamentalist:inneen zu lenken. Denn das dient als bessere Propaganda.

Und es hat funktioniert. Diese Gruppe, im Vergleich zu den israelischen Streitkräften schlecht bewaffnet, durchbrach die Barrikaden einiger Teile der Absperrung, beging dabei aber schreckliche Verbrechen. Dies veranlasste den israelischen Verteidigungsminister zu folgendem Satz, zu dem die internationale Gemeinschaft beschämend schweigen wird, während sie israelische Fahnen vor ihren Botschaften aufhängt:

„Ich habe eine vollständige Belagerung des Gazastreifens angeordnet. Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff geben, alles ist geschlossen. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir werden entsprechend handeln.“

Was für ein „Krieg“ ist das zwischen „zwei Staaten“, wenn die eine Seite der anderen den Strom abstellen und Lebensmittel und Treibstoff abschneiden kann? Wie kann eine Seite als „menschliche Tiere“ bezeichnet und entmenschlicht werden, um jegliches Mitgefühl auszuschalten?

Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, hat kürzlich eine ähnliche Rhetorik Russlands gegenüber den Ukrainer:innen scharf verurteilt, aber jetzt schweigt sie. Das Schweigen hat zu dieser Situation geführt. Wenn das Schweigen die Ohren füllt und der Schrecken nachhallt, bleibt nur noch das Leiden.

Wie soll es weitergehen?

Seit Jahrzehnten ist klar, dass das Zwei-Staaten-Projekt, das auf Besatzung und Segregation sowie gegenseitigem Hass „auf den Anderen“ beruht, keine Lösung ist, sondern dass ein Staat gebraucht wird, und zwar einer, der demokratisch ist:

Demokratisch: Alle Bürger:innen wären in den Augen des Staates gleich, einschließlich seiner Gesetze, Institutionen und Politik, unabhängig von ihrer Identität. Dies schließt das Recht der aus Palästina Vertriebenen ein, zurückzukehren und die volle Staatsbürgerschaft zu erhalten.

Säkular: Die Religionsfreiheit wäre gewährleistet, und die Religion oder Identität eines Menschen wäre kein Faktor für die Gewährung oder Verweigerung von Rechten für Einwohner:innen. Es würden radikale Maßnahmen ergriffen, um die Gesellschaft vor religiös-extremistischen oder rassistischen Ideologien, Personen und Bewegungen zu schützen.

Sozial gerecht: Gestohlenes Land, Häuser und Eigentum würden an alle Opfer von Enteignungen zurückgegeben. Ressourcen und sozialer Wohlstand würden gerecht an alle Einwohner:innen verteilt. Einkommens-, Armuts- und Bildungsunterschiede würden überbrückt werden.

Um dies zu erreichen, sind zuallererst eine sofortige Beendigung des Krieges und die Aufnahme von Friedensverhandlungen erforderlich. Dies ist nicht nur eine israelisch-palästinensische Angelegenheit. Genauso wie die Probleme in Bosnien oder der Ukraine keine rein nationale Angelegenheit sind. Alle Bürger:innen der Welt müssen Druck auf ihre Regierungen ausüben, um die Aufnahme von Friedensgesprächen zu erreichen. Ein endloser Krieg ist niemals eine Lösung.


Der Artikel wurde ursprünglich von CdM veröffentlicht und mit Erlaubnis erneut veröffentlicht

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