Europa 2030? – Ausblick für die Zukunft der EU

„Weniger oder mehr Europa?“ steht im Hörsaal des Instituts für Politische Wissenschaft an die Tafel geschrieben. Als die Moderatorin sich mit dieser Frage an die Runde wendet, entwischt es einem DiEMer aus dem Publikum. Das sei die falsche Frage.
In der Runde sitzen Frank Zeitzmann (Rechtswissenschaftler), Dr. Franziska Brantner (B90/Die Grünen, MdB), Prof. Wolf Schünemann (Politikwissenschaftler), die Moderatorin Franziska Petri und DiEMs Thomas Seibert. Wo morgens in die Politische Theorie oder die Internationalen Beziehungen eingeführt wird, soll heute Abend über die Zukunft diskutiert werden, über Szenarien für die Zukunft der EU- genauer gesagt.
Diese Veranstaltung schließt dabei als letzte an eine Reihe an, welche vom Forum für Internationale Sicherheit organisiert wurde. Zuvor ging es um Europas Russlandbeziehungen, den Brexit und den „Populismus“.
Eine langgezogene, mit Kreide gemalte Europafahne an zwei Enden des „Weniger oder mehr“ beschreibt das scheinbare Kontinuum, in welchem sich Europa derzeit befindet.
Thomas Seibert ist nicht der Einzige, der über die falsche Frage schmunzeln muss.
Es geht um Szenarien und die braucht es heute dringend, sagt Seibert einleitend. Das Zeitfenster für eine Veränderung der gegenwärtigen Politik in Europa ist wieder – aber nur noch für begrenzte Zeit- offen. Nutzen wir dieses Fenster nicht, dann werden die Leute weiter im Mittelmeer sterben, dann wird die Normalität, die das längst geworden ist, sich weiter vertiefen, dann werden wir, die wir hier sind, andere Menschen sein. Wenn sich dieses Fenster schließt, dann werden weiter autoritäre Mächte unsere Regierungen stellen und… Darum müssen wir uns heute klar positionieren und ein Szenarium entwerfen, dass eine andere Politik, eine bessere Zukunft möglich machen kann.
Mit einem Seitenhieb auf Ungarn und Polen untermauert Frau Brantner diese Einschätzung. Dort schaffe sich der Rechtstaat heute durch das Verbot von Nicht-Regierungsorganisationen ab. Was aber mit der gegenwärtigen Diskussion um die Aberkennung der Gemeinnützigkeit Attacs in Deutschland?
Intuitiv verlagert sich die Aufmerksamkeit weg von der Eingangsfrage. Immer wieder und dennoch behutsam abgewehrt kommen die Krisen zur Sprache: Schulden, Geflüchtete, Klimaveränderung. Es solle doch aber um die Zukunft gehen. Einigkeit herrscht dabei, dass Fluchtursachen bekämpft werden müssen. Eine unmittelbare Verbindung besteht hierbei zur Klimapolitik. Wer diese nicht ernst nimmt, verstärkt die Gefahr, dass Lebensräume weiter unbewohnbar werden und bald noch weitaus mehr Menschen nach Europa kommen werden.
Die Diskussion und die anschließende Fragerunde offenbart, dass eine Stimme noch nicht durchgedrungen ist und zwar eine, welche die Dringlichkeit und Schärfe der gegenwärtigen politischen und ökonomischen Situation ausspricht und gleichzeitig eine lebenswerte Alternative artikuliert. Wer Szenarien entwerfen möchte, braucht ein Verständnis für die Ausgangssituation.
10 Jahre, meint Seibert, solange haben wir bei DiEM etwa Zeit, bevor der Raum wieder zu ist und eine Zukunft Realität werden kann, deren Anzeichen bereits heute in unseren Gesellschaften spürbar sind.
Mit Zizek gesagt, es ist an der Zeit die richtigen Fragen zu stellen. Es ist aber auch an der Zeit für uns, weiter in diese Foren zu treten, DiEM mehr Gesicht und Stimme zu geben und Europa zu schütteln: gently but firmly.
DSC Heidelberg, DSC Frankfurt und DSC Nordbaden

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