Aus der Geschichte nichts gelernt? Linke billigen im Bundesrat den Coup für Aufrüstung und Infrastruktur

Ob in Opposition oder Regierung: Progressive Politik muss dem Frieden verpflichtet sein. Ein Statement des Koordinationsteams von MERA25 und DiEM25 in Deutschland.

Am Dienstag, den 18. März stimmte die vermutlich neue Koalition aus CDU/CSU und SPD mit den noch mitregierenden GRÜNEN im abgewählten Bundestag für eine Grundgesetzänderung, mit der sie ab 1 % des BIP Schulden in unbegrenzter Höhe für Aufrüstung aufnehmen können. Neuverschuldung für Infrastruktur ist mit im Paket. Insgesamt handelt es sich um die unglaubliche Summe von biszu einer Billion Euro oder noch darüber. Am Freitag, den 21. Maerz stimmte dann auch der Bundesrat dem Gesetz zu – mit den Stimmen der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Bremen, in denen Die Linke mitregiert. 

Auch Die Linke entpuppt sich als heimliche Befürworterin der neuen deutschen „Kriegstüchtigkeit“

Während Die Linke sich gemäß Parteibeschluss 2025/270 vordergründig als Friedenspartei geriert – „Wir stehen gegen eine Politik, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt.“ – liebäugelt sie hintenrum mit der Kriegstreiberei von Bald-Bundeskanzler Merz. Im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärt Heidi Reichinneck es so: Mit der Reform der Schuldenbremse für die Ertüchtigung der Bundeswehr entstünden auch neue Spielräume für anderes. Und die Bundeswehr brauche ja sinnvolle Ausrüstung, nachdem das Sondervermögen von 100 Mrd. Euro sinnlos verprasst wurde. So muss man sich wohl auch die Argumentation der Linken in den Landesregierungen Bremen und Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Mit ihrem Ja zum Merz-Coup verabschiedeten sie sich als ernstzunehmende Friedenspartei.

Dieser Prinzipienverrat wirkt noch befremd- und erbärmlicher, führt man sich vor Augen, dass ein “Ja” aus diesen beiden Bundesländern rechnerisch gar nicht nötig gewesen wäre, um die Grundgesetzänderungen mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit durchzubekommen. Der Druck auf die Regierungsmitglieder der Linken seitens ihrer Koalitionspartner kann also kaum sehr hoch gewesen sein; ebensowenig wie ihre hypothetische Verhandlungsmacht, im Gegenzug zu ihrer Zustimmung Zugeständnisse in anderen Politikbereichen zu erwirken, was – Überraschung – auch gar nicht passiert zu sein scheint. Stattdessen hat man ohne Not, für nur ein paar zusätzliche Infrastruktur-Milliarden im Landeshaushalt und mutmaßlich um die eigene Anpassungsfähigkeit an die zentristischen Parteien zur Schau zu stellen, die mit demokratietheoretisch höchst fragwürdigen Mitteln zustande gekommene größte Aufrüstungsorgie der deutschen Nachkriegsgeschichte in Kauf genommen – nebst dem Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit.

Das Schüren der Angst vor Russland hat Methode

Bereits das 100 Mrd. Euro Sondervermögen und die „Zeitenwende“ des Kanzlers Scholz 2022 wurden mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine begründet. Da die USA als verlässlicher Partner wegfalle, brauche Europa einen eigenen Schutzschirm. Daher stemmt man sich auch nicht gegen die geplante Stationierung der US-Mittelstreckenwaffen auf deutschem Boden. Nur so könnten sich Deutschland und Europa gegen den vermeintlich bevorstehenden Angriff aus Russland sichern. Dieses Schüren von Angst gegen den östlichen Nachbarn war schon zweimal erfolgreich, die Bereitwilligkeit der Deutschen zur Aufrüstung zu erwirken. Beide Male endete der Rüstungswahn in einem Weltkrieg.

Es muss daher bezweifelt werden, dass die gigantische Aufrüstung nur der Abschreckung dient. Die Mittelstreckenwaffen sind keine Abschreckungs- sondern Angriffswaffen. Russland verfügt nicht über die mindestens dreifache militärische Überlegenheit in den Hauptwaffensystemen seines Heeres und seiner Luftwaffe, die für einen Angriff auf einen NATO-Partner nötig wäre. Im Gegenteil: Die EU oder die europäischen NATO-Staaten verfügen auch ohne die USA bereits heute über eine zwei- bis dreifache Überlegenheit.

Was wirklich Angst macht: Deutschlands kontinuierliches Bestreben nach Kriegstüchtigkeit

Die Bestrebungen Deutschlands nach Kriegstüchtigkeit sind nicht neu, sondern mittlerweile nur unverhohlen. Erinnert sei an die Beteiligung Deutschlands am Balkankonflikt 1999, der ohne UN-Mandat und unter hanebüchenen Lügen von Fischer, Scharping und Schröder gerechtfertigt wurde. Mehrere Bundespräsidenten warben um mehr Verantwortung Deutschlands in der NATO, auch unter Einsatz von Soldatinnen und Soldaten – darunter Köhler, Gauck oder Steinmeier. Ambitionen für mehr Kriegstüchtigkeit bestanden also schon länger und nach jahrelanger Propaganda ist die Bevölkerung nunmehr mürbe genug, die Kröte zu schlucken.

Aufrüstung hat noch nie Frieden geschaffen. „Nie wieder“ darf nicht zur hohlen Phrase in präsidialen Reden an Gedenktagen verkommen. „Nie wieder“ ist die Lehre aus zwei Katastrophen, die in Deutschland ihren Anfang nahmen. DiEM25 und MERA25 nehmen die Verantwortung für Frieden ernst: Wir sagen Nein zu der desaströsen Aufrüstungspolitik. Wir treten für eine weltweite atomare und militärische Abrüstung ein. Wir fordern den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag und eine unabhaengige europaeische Aussenpolitik, die sich nicht in das gefaehrliche Spiel globaler Machtblocke einfuegt. 

Quellen:

Die Linke: Ablehnung Finanzpaket. Beschluss 2025/270 des Parteivorstands, 20. März 2025

Deutschlandfunk: Vor Finanzpaket-Abstimmung im Parlament – Interview Heidi Reichinnek, Die Linke

Lühr Henken: Redebeitrag für den Ostermarsch Berlin am 16. April 2022

MERA25 Grundsatzprogramm – Für Vision und Verantwortung





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