Es besteht kein Zweifel, dass das, was wir in der Türkei erleben, eine Verletzung demokratischer Verfahren, persönlicher und politischer Rechte sowie der internationalen Verpflichtungen des Landes als Mitglied internationaler Organisationen wie dem Europarat ist.
Die EU ist Zeuge des zunehmenden Drucks gegen die HDP (Demokratische Partei der Völker) durch die türkische Regierung, des ständigen Bemühens, sie als „terroristische Partei“ zu bezeichnen, und der Aussagen türkischer Beamter über ihr Verbot. Diesem ganzen Prozess folgte der jüngste Angriff gegen die drittgrößte Partei des Landes durch den Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichts, der eine Klage beim Verfassungsgericht einreichte, um die HDP als eine den Terrorismus begünstigende und unterstützende Partei zu verbieten.
Noch am selben Tag entzog die Regierung – aus politischer Berechnung und unter Verletzung des Gesetzes – dem HDP-Abgeordneten Kocaeli Ömer Faruk Gergerlioğlu seinen Status als Abgeordneter. Als Aktivist und Politiker kämpfte Gergerlioğlu gegen die Verletzung der Menschenrechte in der Türkei und hat dem Kampf gegen Diskriminierung sowohl in seinem Wahlkreis, als auch im ganzen Land viele Jahre gewidmet. Doch seine Aktionen wurden als revolutionär angesehen und er wurde nach einem umstrittenen Social-Media-Posting der „Förderung terroristischer Aktionen“ beschuldigt. Die Tatsache, dass seine Immunität aufgehoben wurde, obwohl sein Fall noch vor Gericht verhandelt wird, macht dieses ganze Vorgehen seitens der türkischen Koalitionsregierung noch skandalöser.
Leider sind HDP-Politiker*innen immer wieder Opfer politischer Verfolgung
Dilek Hatipoğlu wurde am 25. März 2016 zu 16 Jahren und 3 Monaten Gefängnis verurteilt und ihr Urteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt, während Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ bereits im Gefängnis sind. Zu den Abgeordneten der Partei, die angegriffen werden, zählen Fatma Kurtulan, Garo Paylan, Hüda Kaya, Sezai Temelli, Pero Dündar, Serpil Kemalbay Pekgözegü, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der HDP Meral Danış Beştaş und Hakkı Saruhan Oluç, und ihr Co-Vorsitzender Pervin Buldan. Interessant ist, dass seit den Wahlen 2018 mehr als 800 Verfahren in Kurzfassung für HDP-Abgeordnete im türkischen Parlament eingebracht wurden.
Dieser Versuch von Recep Tayyip Erdoğan, die HDP zu verbieten, ist nur die Spitze des Eisbergs, denn seit Jahren gibt es eine Reihe von Versuchen, Politiker*innen, Akademiker*innen, Künstler*innen und Bürger*innen in der Türkei an den Rand zu drängen, zu schikanieren, zu inhaftieren und sogar zu foltern.
Es sei erwähnt, dass die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im vergangenen Dezember über den Fall Demirtaş gegen die Türkei entschieden und seine sofortige Freilassung gefordert hat. Die Richter*innen stellten fest, dass die türkische Regierung den hintergründigen Zweck verfolge, ihn an der Ausübung seiner politischen Aktivitäten zu hindern, die Wähler*innen ihres gewählten Vertreters zu berauben und „den Pluralismus zu ersticken und die Freiheit der politischen Debatte einzuschränken: den eigentlichen Kern des Konzepts einer demokratischen Gesellschaft.“ Trotz dieser Entscheidung wurde nicht genügend Druck auf die Türkei für seine Freilassung ausgeübt.
Ohne bedeutende europäische oder internationale Reaktionen instrumentalisiert daher der türkische Präsident weiterhin Strafverfolgung und Inhaftierung als Mittel zur Einschüchterung und Entfernung seiner Gegner*innen aus der politischen Arena des Landes. Solange diese Praxis nicht von allen demokratischen Ländern kritisiert und verurteilt wird, werden Druck und Verfolgungen weitergehen.
Versuche wie der, die HDP zu verbieten und den Willen von Millionen von Menschen zu missachten, sollten von niemandem toleriert werden
Versuche wie dieser zeigen, dass die Demokratie, die Achtung der Menschenrechte und die Meinungsfreiheit Elemente sind, die in Erdoğans Türkei auf dem Spiel stehen. Deshalb müssen die europäischen und internationalen demokratischen Kräfte sofort reagieren, nicht nur um die HDP zu unterstützen und sich mit ihr zu solidarisieren, sondern auch im Ringen um die Rettung der Demokratie selbst.
Um sich einzubringen, können Sie auf unserer Webseite unsere Petition unterschreiben.
Fotini Bakadima ist Abgeordnete von MeRA25 (2. Bezirk Piräus) und Mitglied des Koordinationskollektivs (CC) von DiEM25.
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