Die Eurozone ist der größte und wichtigste Wirtschaftsraum der Welt. Und dennoch besitzt dieser gigantische WIrtschaftsraum nur eine Institution mit eigenem Rechtsstatus: die Europäische Zentralbank, deren Satzung festlegt, welche Befugnisse der in Frankfurt ansässigen Institution beim Verfolgen ihres einzigen Ziels nämlich der Preisstabilität zustehen.
Das lässt dringende Fragen offen:
„Was ist mit ökonomischen Zielen jenseits von Preisstabilität wie Entwicklung, Investment, Arbeitslosigkeit, Armut, interne Ungleichgewichte, Handel, Produktivität?“
„Welches EU-Gremium entscheidet über die Strategien der Eurozone in Bezug auf diese Aspekte?“
Die Eurogruppe hat keinen europäischen Rechtsstatus.
Die meisten Menschen glauben, die Antwort lautet: die Eurogruppe. In der Tat ist es die Eurogruppe, wo wesentliche Entscheidungen getroffen werden, von denen die Gegenwart und die Zukunft Europas abhängt. Abgesehen davon, dass die Eurogruppe im Europäischen Recht nicht auftaucht!1
Ohne festgelegte Regeln oder rechtliche Verfahren trifft die Eurogruppe wichtige Entscheidungen, die darauf ohne irgendeine ernsthafte Debatte vom Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) abgesegnet werden.2
Das Fehlen von niedergeschriebenen Regeln oder Rechtsverfahren ist nicht das einzige Problem. Es gibt zwei weitere Schwierigkeiten, von denen die Europäerinnen und Europäer wissen sollten. Eine davon ist, dass die Troika die Eurogruppe dominiert und ihr einen Entscheidungsprozess auferlegt, in dem die Finanzminister entmachtet und gezwungen werden, Entscheidungen zu treffen, obwohl es zu diesen beinahe keine Informationen gibt. Die andere ist die empörende Undurchsichtigkeit der Vorgehensweisen innerhalb der Eurogruppe.
Die Troika dominiert die Eurogruppe
Jede Diskussion der Eurogruppe, jede Sitzung verläuft in der folgenden Reihenfolge:
Zuallererst (was auch immer das Thema in der Diskussion sei: z.B. das griechische „Rettungspaket“, der französische Staatshaushalt) sprechen die Vertreter der Troika, beginnend mit dem Wirtschafts‑und Finanz-Kommissar (Pierre Moscovici), dem Präsidenten der EZB (Mario Draghi, oder Benoît Cœuré in Draghis Abwesenheit) und es endet mit dem Vertreter des Internationalen Währungsfonds (Christine Lagarde oder Poul Thomsen in ihrer Abwesenheit). Erst dann bekommen die Finanzminister (nämlich der Finanzminister um dessen Mitgliedsstaat es in der Diskussion zuerst geht) eine Chance zu sprechen. Dies bedeutet, dass die Troika bereits das „Klima“ geprägt hat bevor überhaupt einer der Finanzminister das Wort ergreifen kann.
Wenn die Minister sprechen, müssen sie dies bemerkenswerterweise tun ohne, dass ihnen auch nur ein einzelnes DINA4 Blatt mit Informationen, Daten, Briefings usw. zum Thema der Diskussion zur Verfügung steht. Zum Beispiel durfte ich nicht einmal in den Sitzungen, in denen ich während der Diskussion der Griechenlandkrise die griechische Regierung vertreten habe, unsere Vorschläge an meine Kollegen Finanzminister per e-mail schicken!
Daher mussten diese über die griechischen Vorschläge ihr Urteil fällen, ohne sie jemals gesehen zu haben. Alles, was ihnen zur Verfügung stand war was die Troika-Vertreter sagten und was ich gesagt hatte. Ihr Wort stand gegen meins!
Empörende Undurchsichtigkeit
Als ich meine erste Sitzung der Eurogruppe hinter mir hatte (das dauerte zehn Stunden, von denen sich alle auf Griechenland konzentrierten), bat ich meine Sekretärin um die Abschriften des Treffens, um mich später erinnern zu können wer was gesagt hatte damit ich das den anderen Mitgliedern meiner Regierung kurz darstellen könnte. Zu meinem Entsetzen antwortete sie mir mit der erstaunlichen Neuigkeit: „Es gibt keine Aufzeichnungen, Akten oder Abschriften.“
Das war unglaublich. Der Raum in dem die Sitzungen der Eurogruppe abgehalten werden ist voll von Mikrofonen, Kameras und Bildschirmen die jede Rede in Echtzeit aufzeichnen. Dass es keine Aufzeichnung der Sitzung gab ist so unglaublich wie skandalös.
Ist es ein Wunder, dass die wirtschaftliche Krise der Eurozone noch sechs Jahre nach ihrem Beginn in vollem Gange ist?
Im Jahr 2009 stieg die Arbeitslosigkeit von durchschnittlich von etwa 5 % bis auf 12 % sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in der Eurozone. In den USA ist sie wieder auf den Stand von vorher gefallen. In der Eurozone blieb sie bei 12 % stecken.
Eine wichtige Ursache, warum die Erholung der Eurozone gescheitert ist, ist die Art wie die Eurogruppe geführt wird.
Die Dominanz der Troika, die mehr Interesse an der Erhaltung ihrer Macht über die Europäer als in Europas Erholung hat, und das völlige Fehlen von Transparenz bei der Entscheidungsfindung was die ungehinderte Fortführung der gescheiterten Politik der Troika ermöglicht, macht aus der Eurogruppe eine unmittelbare Gefahr für Europas Zukunft.
Was kann getan werden?
Der erste Schritt muss sein den Schleier des Geheimnisvollen zu lüften, damit die Europäer die Möglichkeit haben festzustellen, ob die Eurogruppe in ihrem Sinne arbeitet.
Bitte unterzeichne und teile die DIEM25 – Petition, um Licht hereinzulassen!
1 Dies wurde mir im Treffen der Eurogruppe vom 27 th Juni 2015 klar, als ich vom Präsidenten der Eurogruppe, Herr Jeroen Dijsselbloem forderte die EU Einstimmigkeitregel durch die Herausgabe eines Kommuniqués zu verletzen, in dem stand, dass die griechische Regierung nicht einverstanden sei. Als ich um ein Rechtsgutachten dazu bat, erfuhr ich vom Sekretariat: „die Eurogruppe ist in den EU-Verträgen nicht erwähnt und funktioniert als eine informelle Zusammenkunft. Als solche unterliegt sie keinen schriftlich festgelegten Regeln.“
2 Der ECOFIN-Rat besteht aus den Finanzministern aller 28 EU-Mitgliedstaaten. Das heißt, er umfasst auch Finanzminister die nicht aus der Eurozone kommen. Nach meiner Erfahrung hat Ecofin nie über die Entscheidungen der Eurogruppe diskutiert. Der Präsident der Eurogruppe liest einfach die Communiqués der Eurogruppe im ECOFIN-Rat vor und der ECOFIN-Rat genehmigt das dann ohne Diskussion.
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