DiEM25 wurde im Februar 2016 hier an der Volksbühne von einer Koalition fortschrittlicher europäischer Demokraten in der Erkenntnis ins Leben gerufen, dass Europa auseinanderfällt – mit schlimmen Folgen für alle seine Völker, im Norden wie im Süden, im Osten wie im Westen. Unser Slogan war: „Europa wird demokratisiert werden oder es wird zerfallen!“ Diese Prognose von DiEM 25 wurde durch die Ereignisse der vergangenen 15 Monate leider bestätigt. Der Brexit, der zu einem großen Teil durch den dummen und autoritären Umgang mit dem sozioökonomischen Scheitern und Führungsversagen der Eurozone verursacht wurde, war nur ein Vorgeschmack.
Jetzt, nach der Wahl von Emmanuel Macron in Frankreich (dessen Kandidatur DiEM25 angesichts der Bedrohung durch die ausländerfeindliche äußerste Rechte unterstützte), jubelt das Establishment in dem Irrglauben, dass der Zerfall Europas und das Abgleiten in eine postmoderne Version der 1930er Jahre gestoppt worden ist. Zwar hat Macrons Sieg die sofortige Auflösung der EU verhindert, doch sind seine Vorschläge, die Eurozone in eine Art Föderation umzuwandeln und im Gegenzug auf nationaler Ebene neoliberale Reformen umzusetzen (insbesondere in Bezug auf den Arbeitsmarkt) zum Scheitern verurteilt. Sie werden somit die allzu optimistischen Erwartungen, die sie jetzt hervorrufen, nicht erfüllen und die Krise weiter verschärfen. Einerseits werden Macrons innenpolitische Reformen die sozioökonomische Krise vertiefen, die den fremdenfeindlichen Nationalismus stärkt. Andererseits werden das deutsche Establishment und andere Überschussländer ihr Veto gegen die Vertragsänderungen einlegen, die erforderlich wären, um das von ihm vorgeschlagene bundesstaatliche Modell für die Eurozone auf den Weg zu bringen. Das Zerplatzen der überhöhten Hoffnungen, die Macrons Sieg hervorgerufen hat, wird schon bald die zentrifugalen Kräfte stärken, die Europa auseinanderreißen.
Seit der Gründung hat die Bewegung DiEM25 ihren Mitgliedern eine Frage gestellt: Gibt es eine politische Agenda, die morgen früh, also ohne Vertragsänderungen, in Kraft treten könnte, um Europa zu stabilisieren und somit den Europäern die Möglichkeit zu geben, untereinander zu diskutieren, wie die EU demokratisiert werden kann? Dabei sollten effiziente Institutionen entstehen, die für die Mehrheit der Europäer in jedem einzelnen Mitgliedsstaat und nicht gegen sie arbeiten.
Innerhalb von 15 Monaten hat DiEM25 genau diese praktische, anwendbare und umfassende politische Agenda hervorgebracht. Sie trägt den Titel Europäischer New Deal und wurde am 25. März 2017, dem 60. Jahrestag der Römischen Verträge, in Rom vorgestellt. Bei der Präsentation lud DiEM25 politische Parteien, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Bürgerinnen und Bürger dazu ein, heute in Berlin mit uns zu diskutieren, wie der Europäische New Deal bis 2019 den europäischen Wählern auf dem gesamten Kontinent vorgelegt werden kann – sozusagen „an einer Wahlurne ganz in Deiner Nähe“.
Wir sind hier, um heute und morgen mit verschiedenen politischen Parteien wie mit unseren Mitgliedern und Aktivisten aus ganz Europa den nächsten Schritt auf dem Weg in das Jahr 2019 zu diskutieren: Die Formierung der ersten transnationalen, gesamteuropäischen politischen Partei, die wir benötigen, um einer so umfassenden wirtschafts- und sozialpolitischen Agenda den Wahlerfolg zu verschaffen, den sie verdient.
Während der nächsten beiden Tage wird DiEM25 zusammen mit unseren politischen Partnern aus verschiedenen Ländern und politischen Organisationen einen glaubwürdigen Vorschlag für die transnationale fortschrittliche Partei entwickeln, die Europa so dringend braucht. Über diesen Vorschlag soll unsere gesamte Mitgliedschaft nach ausführlicher Beratung abstimmen, bevor er im Rahmen unserer Veranstaltung „Real State of the Union“ am 9. September in Brüssel bekanntgegeben wird.
Übersetzung von Ralph Kiessling / Brigitte Eckert, deutsches DiEM25-Übersetzerteam
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