Horvat: Wir werden Europa nicht wiedererkennen

DiEM25-Mitgründer Srećko Horvat sieht Europa in einem düsteren Prozess der Normalisierung. Hier ein Auszug aus einem Interview mit der französischen Internet-Zeitung Mediapart:

Interviewer: Wenn die Institutionen der EU nicht reformiert werden, wie sehen Sie dann die Zukunft der EU? Wenn es auch wie Science Fiction anmuten mag, können Sie sich vorstellen, wohin dieses Europa der mehreren Geschwindigkeiten führen könnte? Wird es weitere Abspaltungen wie den Brexit geben?
Srećko Horvat: Ich glaube, das ist schon kein Science Fiction mehr. Wir befinden uns bereits mittendrin. Alles, was wir heute sehen, wird sich fortsetzen. Wir werden weiterhin Situationen wie in Hamburg [G20 Gipfel] erleben: es wird nicht mehr die Ausnahme sein, sondern die Regel. In Frankreich kennen Sie dies bereits, wo nun bereits seit zwei Jahren der Ausnahmezustand gilt. Wir sind in einem Prozess der Normalisierung.
Die beste Beschreibung dieser Normalisierung findet man im Buch Roman eines Schicksallosen von Imre Kertész, wenn er im letzten Kapitel schreibt, dass Konzentrationslager nicht auf einmal sondern Schritt für Schritt erbaut werden. Er dekonstruiert die Idee, dass eine große Katastrophe die Ursache ist, die niemand vorhersehen konnte. Das, was heute in Europa passiert, ist genau dieser Prozess der Normalisierung, wo wir Schritt für Schritt die Entscheidungen treffen. Zunächst bauen wir Grenzmauern in Ungarn, dann richten wir ausgefeiltere Überwachungssysteme gegen Geflüchtete ein, wie in Calais geschehen, schließlich verbreitet sich der Terrorismus in Europa… Man muss sich nicht Europa 2025 vorstellen, es reicht, wenn man sich Europa nächstes Jahr vorstellt. Bald werden wir es nicht mehr wiedererkennen. Alles, was uns ungewöhnlich und unnatürlich vorkam, wird Normalität werden. Das ist es, was mir am meisten Sorgen bereitet. Man wird es uns zunehmend als natürlich darstellen, dass Geflüchtete deportiert werden müssen, Kriege geführt werden müssen, die Arbeitsmärkte liberalisiert werden müssen. Das ist die größte Gefahr: dass wir diese historischen politischen Entwicklungen als natürlich empfinden.

Das vollständige Interview gibt es auf Französisch auf Mediapart zu lesen.

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