Ist Neutralität die beste Option für die Ukraine?

Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine tobt weiter und es gibt wenige Anzeichen für eine Annäherung. Um diese Situation zu beenden, wird unter anderem der Gedanke diskutiert, die Ukraine zu einem neutralen Staat zu machen. Der Mitbegründer von DiEM25, Yanis Varoufakis, hat von den Vorteilen einer „Finnlandisierung“ des Landes gesprochen, auch wenn dies alles andere als einfach wäre.

Es würde bedeuten, dass die Ukraine sowohl dem Westen als auch Russland gegenüber neutral wird und eine Entmilitarisierung einschließen. Der Begriff „Finnlandisierung“ bezieht sich auf den Friedensvertrag mit Finnland von 1947 und das finnisch-sowjetische Abkommen über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand von 1948.

In seiner Antwort auf Fragen, die in unserer jüngsten Diskussion zum Thema „Wie kann der Krieg in der Ukraine beendet werden“ gestellt wurden, erklärte Varoufakis, warum dies ein fruchtbares Ergebnis sein könnte.

„Die erste Frage lautet: ‚War die Finnlandisierung nicht eine schreckliche Sache für Finnland, die ihm aufgezwungen wurde?‘ Nun, sie wurde Finnland als Ergebnis eines Krieges mit Russland aufgezwungen, aber war sie schrecklich?

„Finnland war ein vollwertiges demokratisches Land. Ja, sie mussten sich während des Kalten Krieges mit ihrer Kritik an der Sowjetunion ein wenig zurückhalten. Wenn sie die Wahl zwischen einer Finnlandisierung und einer Nicht-Finnlandisierung gehabt hätten, hätten sie sich ohne Zweifel für Letzteres entschieden, wenn alle anderen Gegebenheiten gleich gewesen wären. Mit anderen Worten: nicht von Russland verschlungen zu werden.

„Lass mich euch sagen, dass ich schon ein paar Jahre gelebt habe, und alt genug bin, um mich daran zu erinnern, dass ich in einem NATO-Land gelebt habe, in dem gleichzeitig eine faschistische rechte Diktatur herrschte, hier in Griechenland. Und ich kann euch versichern, dass wir damals davon träumten, Finnland zu sein.

„Wir [in Griechenland] sahen Finnland oder Österreich – Länder, die weder in der NATO, noch in der Europäischen Union waren – als wahr gewordene Träume für ihre Bevölkerung.

„Und wir hatten Recht, denn Österreich und Finnland haben in einem Zustand der Finnlandisierung, der Neutralität, bemerkenswerte Errungenschaften erzielt. Es sind bemerkenswerte Ergebnisse – politisch, technologisch, im Bildungswesen, im Gesundheitswesen, in der Sozialdemokratie, und das wäre für die Ukraine heute nicht schlecht.“

Einige sind der Meinung, dass Wladimir Putin, selbst wenn ein solches Abkommen für die Ukraine zustande käme, seine Meinung schnell ändern könnte, und es damit bedeutungslos machen würde.

„Nun, das ist nicht mein Vorschlag. Es ist nicht unser Vorschlag“, sagte Varoufakis. „Unser Vorschlag wäre, dass dies das Ergebnis eines Gipfeltreffens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Russland sein sollte, das Ergebnis eines Abkommens, eines verbindlichen Abkommens, einschließlich der Entmilitarisierung der Grenzgebiete des Donbass, das von beiden Seiten garantiert werden würde.

„Und Putin würde das sogar begrüßen, weil er seinem eigenen Volk, seinem Regime, seiner Partei zeigen könnte, dass er von Washington DC ernst genommen wird.“

Varoufakis besteht darauf, dass dies nur durch den Willen des ukrainischen Volkes zustande kommen sollte und nicht als etwas, das ihnen aufgezwungen wird.

„Wir sind Demokrat:innen, aber damit die Ukrainer:innen sich entscheiden können, gibt es zwei Voraussetzungen“, betont Varoufakis.

Die erste besteht darin, dass der Westen, die Europäische Union, ihnen die Wahrheit sagt und sie nicht an der Nase herumführt, denn das ist es, was die Europäische Union tut – sie verspricht ihnen Dinge, die sie nicht bereit ist zu halten.

„Die Sache mit dem Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union – sie können es versprechen, bis sie schwarz werden. Aber sie meinen es nicht ernst. Berlin wird die Ukraine auf keinen Fall als Mitglied der Europäischen Union akzeptieren, selbst wenn sie das sagen, nicht für eine sehr lange Zeit. Und schon gar nicht, solange der Donbass besetzt ist, und nicht, solange die Wirtschaft in Scherben liegt.

Die Ukraine muss also erst wieder aufgebaut werden, bevor es eine Chance auf einen Beitritt zur Europäischen Union gibt.“

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