Schweden hat eine neue Regierung, eine bürgerliche, aber mit den rechtsextremen Schwedendemokraten.
Was bedeutet das für Schweden und vielleicht sogar für die Zukunft Europas?
Die interessantesten Themen für die schwedischen Wähler:innen bei dieser Wahl waren Bandengewalt, Integration und in gewissem Maße auch die Strompreise. Es macht keinen Sinn, die Tatsache zu verbergen, dass das neue Rechtsbündnis die überzeugendsten Antworten geliefert hat, was sie wiederum an die Macht gebracht hat, um es einfach auszudrücken.
Soziokulturelle Fragen sind interessanter als sozioökonomische und haben der Linken nur wenig Raum und Erfolg gelassen. Die Klimakrise ist sowohl von den Politiker:innen als auch von den Medien zum Hintergrundthema gemacht worden. Greta Thunbergs immer wiederkehrender Hinweis auf Politiker:innen, die die Probleme in die Zukunft verschieben, hat sich wiederholt bewahrheitet.
Man kann nicht eine Million Wähler:innen der Schwedendemokraten als Rassist:innen oder Nazis bezeichnen und glauben, dass sie daraufhin ihre Meinung ändern und sich einer fortschrittlichen und politisch korrekten Seite anschließen werden, welche sie verhöhnt.
Die techno-feudale Situation mit Überwachungskapitalismus und der Tatsache, dass Finanzwesen und Kapital getrennte Wege gegangen sind und der alte Kapitalismus durch eine noch abgelegenere und oligarchischere Ordnung ersetzt werden soll, ist niemandem bekannt und noch weniger kann jemand sich dafür entscheiden, ihr Aufmerksamkeit zu schenken.
Die Prognose lautet, dass die Menschen weiterhin auf das achten werden, was die erste Ebene menschlicher Bedürfnisse betrifft: Sicherheit, Geld, das weiter fließt, Ausgaben, die nicht steigen dürfen, und befahrbare Autobahnen, auf denen keine Klimaaktivist:innen sitzen, weil wir pünktlich zur Arbeit kommen wollen.
Es ist nicht möglich, Naturgesetze zu ersetzen und, zum Beispiel, zu glauben, dass Menschen, deren Kinder in die Gewalt von Banden hineingezogen wurden, erst einmal darüber nachdenken sollten, was eine postkapitalistische Welt bedeuten könnte. Es ist auch nicht möglich, eine Million Wähler:innen der Schwedendemokraten als Rassist:innen oder Nazis zu bezeichnen und zu glauben, dass sie dann ihre Meinung ändern und sich einer progressiven und politisch korrekten Seite anschließen werden, welche sie verhöhnt.
Zehn Jahre hartnäckiges Festhalten an der gleichen Strategie waren vor allem für die Progressiven eine Katastrophe.
Glaubwürdigkeit, Klarheit und Respekt für die Anliegen der Menschen sind einige der menschlichen Qualitäten, die man immer braucht, wenn man will, dass man gehört wird – das gilt auch für Graswurzel-Demokratie.
Die Frage ist also, was DiEM25 auf diesem krassen politischen Markt tun kann, auf dem andere Parteien in Schweden zunehmen, wo die Unzufriedenheit steigt und die Wahlbeteiligung sinkt.
Es gibt eine weit verbreitete Unzufriedenheit mit den Menschen, die sehen, wie ihre Benzinpreise in die Höhe schnellen, weil ein paar Politiker:innen glauben, dass wir die fossilen Emissionen reduzieren müssen.
Schütteln Sie ihnen die Hand und sagen Sie, dass wir das auch ungerecht finden und dass wir wollen, dass die Politik einen Ausgleich schafft, damit Sie im selben Boot sitzen, wenn wir uns gegenseitig mit dem Klimaproblem helfen müssen.
Es gibt eine versteckte Unzufriedenheit mit Einwanderer:innen und die Vorstellung, dass sie zu Bandengewalt und Schießereien in den Vororten beitragen.
Geben Sie ihnen die Hand und sagen Sie ihnen, dass wir keinen Unterschied machen, wenn es darum geht, Mörder:innen zu verurteilen. Wir können uns darauf einigen, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, und gleichzeitig zugeben, dass bestimmte Gemeinschaften mehr Hilfe brauchen als andere, um vor einem Leben in der Kriminalität bewahrt zu werden.
Kein Progressiver muss seine Grundwerte aufgeben, wenn er auf unsere nicht betroffenen Mitbürger:innen zugehen will.
Die schwedische Jugend wählt heute die Konservativen und die Schwedendemokraten, die Revolution ist blau, und wenn man den entstandenen Schwung nutzen will, ist es nicht an der Zeit, sich zurückzuziehen und auf einen anderen politischen Wind zu warten.
Progressiv sein muss neu definiert werden. Mehrere rechtsnationalistische Führer:innen in Europa begrüßen den Erfolg der Schwedendemokraten als eine Welle des Nationalismus, die sie selbst bestätigt. Eine mutige neue progressive Kraft kann und muss dies ändern. Es bedarf eines neuen progressiven Ziels, das einen neuen Raum für progressive Politik unter der alten Wähler:innenbasis der Linken schaffen und zu einem neuen attraktiven Magneten für die Basis werden kann, der die derzeitigen Hüter:innen des politischen Status quo in den Schatten stellt.
Mats Sederholm
Koordinator des Lokalen Kollektivs Stockholm
Mitglied des DiEM25-Presseteams
Schriftsteller und aktiv für Klimatalliansen
E-Mail: mats@sederholm.nu
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