Pedro Sánchez

Spaniens entmachteter Oppositionsführer offenbart, wer wirklich die Macht hat: Die Oligarchen des Landes

Mariano Rajoy im Amt halten oder ein dritter Wahlgang. Das waren die einzigen Wahlmöglichkeiten, die die oligarchisch geführten Medien und Unternehmen des Landes ihm gelassen hätten, erklärte der ehemalige Generalsekretär der Sozialistischen Partei, Pedro Sanchez, gestern Abend in einem Interview zur Hauptsendezeit.

Sanchez, der am 1. Oktober durch eine Revolte in der Sozialistischen Partei von seinem Posten verdrängt worden war, kündigte am vergangenen Sonntag unter Tränen seinen Rücktritt als Parlamentsabgeordneter an. Stunden später enthielten sich seine Parteigenossen in einer entscheidenden Abstimmung der Stimme, um Mariano Rajoy eine zweite Amtszeit zu ermöglichen.

Nein heißt nein“

Nach zwei ergebnislosen Wahlen, die das Land für fast zehn Monate politisch lahmgelegt hatten, hielt Sanchez die entschiedene Ablehnung seiner Partei für eine Minderheitsregierung unter Führung von Rajoys PP (Partido Popular) aufrecht. Er beharrte auch auf seinem Versuch, eine Regierung mit anderen progressiven Kräften im Parlament zu bilden; im Grunde eine linksgerichtete Koalition mit Podemos und der Unterstützung der katalanischen Unabhängigkeitsparteien.

Aber der Druck, Sanchez zu einer Umkehr zu zwingen, nahm sowohl von innerhalb als auch außerhalb der Sozialistischen Partei stark zu. In den letzten Wochen wurde Sanchez das Ziel boshafter Angriffe durch Spaniens führende Zeitung El País, die ihn in Leitartikeln als „skrupellosen Dummkopf“ bezeichnete, „der lieber die von ihm so katastrophal geführte Partei zerstört, als sein eigenes großes Versagen anzuerkennen“.

Hochrangige Mitglieder der Sozialistischen Partei sowie bekannte Parteigrößen aus der Vergangenheit wie Felipe González ergriffen die Initiative, indem sie sich offen gegen ihren Generalsekretär stellten und erklärten, es sei besser, eine von Rajoy geführte Regierung zuzulassen, als ein drittes Mal Wahlen zu veranstalten.

Finanz- und Unternehmenseliten verbünden sich gegen eine linksgerichtete Koalition

In seinem gestrigen Interview bestätigte Sanchez, der im Juli 2014 die erstmals in der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei Partei abgehaltenen Vorwahlen gewonnen hatte und Generalsekretär geworden war, dass seine „nein heißt nein“- Kampagne gegen Rajoy auf starken Widerstand von El País gestoßen war. Laut Sanchez erklärte die Geschäftsleitung der Zeitung – die gemeinsam von einigen der mächtigsten Unternehmen Spaniens, darunter die größte Bank des Landes, geführt wird – dass jedes mögliche Bündnis, um eine Regierung mit Podemos zu bilden, auf schärfsten Widerstand stoßen würde.

Sanchez sprach auch von Druck durch IBEX35-Unternehmen und nannte den ehemaligen Direktor des größten spanischen Telekommunikationsanbieters, César Alierta, namentlich als einen derjenigen, die ihn dazu drängten, Rajoy im Amt zu lassen. „Er (Alierta) und andere arbeiteten zusammen, um eine konservative Regierung in diesem Land aufrechtzuerhalten“, offenbarte Sanchez. Er sagte auch, dass bestimmte Finanzkonzerne ihn unter Druck gesetzt hätten, keine Regierung mit anderen linksgerichteten Kräften zu bilden, wollte aber deren Identität nicht preisgeben.

Dass die wirkliche Macht in Spanien beim unternehmerischen und finanzwirtschaftlichen Establishment liegt, wird für viele Spanier nichts Neues sein. Dass aber eine solche „Offenbarung“ von jemandem kommt, der noch vor ein paar Tagen eine der beiden großen Parteien des Landes geführt hat, ist sehr erstaunlich.

Nur Minuten nachdem das Interview mit Sanchez ausgestrahlt wurde, lobte der Generalsekretär von Podemos den Mut seines ehemaligen sozialdemokratischen Rivalen auf Twitter. Iglesias hatte schon seit Langem über das praktische Kapern der demokratischen Prozesse Spaniens durch Oligarchen geschimpft, die seit Ausbruch der Krise im Jahr 2008  in einen Kampf um ihr Überleben verstrickt sind.

Spaniens Zukunft: Eine schwache Regierung, ein zersplittertes Parlament und zunehmende Ungeduld aus Brüssel

Während die Sozialistische Partei ähnlich wie Griechenlands PASOK zerfällt und Rajoy gezwungen ist, weitere von Brüssel angeordnete Kürzungen voranzubringen, ist es schwer sich vorzustellen, wie Spanien mit einem zersplitterten Parlament dem Diktat der Troika Widerstand leisten kann.

Inzwischen hat Sanchez seine Absicht angekündigt, durch das Land zu reisen, in dem Versuch, die Unterstützung seiner Partei auf der Basisebene zu gewinnen, um nochmals zu kandidieren.

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