Wahlen in Bayern und Hessen: Ein Rechtsruck kommt selten allein

Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Bayern und Hessen sind eine politische Bankrotterklärung der etablierten Parteien. Es muss jetzt endlich um die materiellen Bedürfnisse der Menschen gehen 

Jetzt ist es also passiert: Nachdem sich seit vielen Monaten der Höhenflug der AfD vor allem in Umfragewerten abzeichnete, hat der vergangene Wahlsonntag auf erschreckende Weise gezeigt, dass die Umfragen nicht falsch lagen. Die rechtsextreme Partei hat sich auch in Westdeutschland etabliert, ihr gelingt als zweitstärkste Kraft in Hessen (nach der CDU) und drittstärkste in Bayern (nach der CSU und den Freien Wählern) gar der Durchbruch in die Oppositionsführerschaft in den Landesparlamenten. Gleichzeitig verlieren die Linke und die Ampelparteien stark.

Rechnet man die Wahlergebnisse von CDU/CSU, FDP, Freien Wählern und AfD zusammen, ergibt sich in Bayern ein Stimmenanteil von 70,4% und in Hessen von 61,5% – in beiden Bundesländern eine erdrückende zahlenmäßige Mehrheit für das rechte politische Lager. Mit dem Verlust ihrer Sitze im hessischen Landtag verliert die Linkspartei ihre letzte Landtagsfraktion in einem westdeutschen Flächenland und steht vor dem Aus. Weder in Hessen noch in Bayern ist es ihr gelungen, das der SPD und den Grünen entzogene Vertrauen der Wähler:innen für sich zu gewinnen.

Noch aufschlussreicher ist ein Blick auf die Wähler:innenwanderung. Die AfD konnte in signifikantem Maße Stimmen von allen Parteien hinzugewinnen. Jene Wähler:innen, die vor fünf Jahren ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben, diesmal aber nicht, konnten nicht zurückgewonnen werden. Deren Stimmen gingen ganz überwiegend an CDU/CSU, die Freien Wähler oder das große Lager der Nichtwähler:innen. Vor diesem Hintergrund überrascht das gute Abschneiden der Freien Wähler in Bayern nicht, nachdem die (mutmaßlich) rechtsradikale Vergangenheit ihres Vorsitzenden in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aufgedeckt wurde. Das gibt zu denken. 

Für den größten Teil der Gesellschaft überwiegen materielle (und ein Stück weit auch ideelle) Bedürfnisse gegenüber moralischen Argumentationen. Schon nach Bertolt Brecht kommt erst das Fressen, dann kommt die Moral. Inflation, Lebenskosten, Jobs, Wohnen, Gesundheit und Energie sind die wichtigsten Themen. Aber in einem kleineren, aber wachsenden Teil der Gesellschaft geht es inzwischen ausschließlich um Kulturkämpfe und die Vergewisserung der eigenen Privilegien. Beste Bedingungen für Politik, die sich statt auf Substanz vor allem auf populistische Inszenierungen stützt.

Anstatt wie konservervative politische Akteure die Narrative der AfD schrittweise zu übernehmen und sie damit weiter zu stärken, sollten linke Parteien in ihrer Kommunikation den Fokus auf materielle Bedürfnisse setzen und mit fortschrittlichen gesellschaftspolitischen Ansätzen und emanzipatorischen Kämpfen in Verbindung bringen. Bisher scheitert das linke Lager in der wirksamen Umsetzung einer solchen Strategie. Mit der zunehmenden Verfestigung rechter politischer Einstellungen wird es auf unbestimmte Zeit aber immer schwieriger, noch eine Wende hinzukriegen und den Diskurs nach links zu verschieben (oder zumindest seine weitere Rechtsverschiebung aufzuhalten). Es wird also höchste Zeit!

MERA25 steht bereit, das Vakuum im linken Spektrum zu füllen – programmatisch, strategisch und organisatorisch. Dafür arbeiten wir ununterbrochen am Aufbau unserer Strukturen und der Vergrößerung unserer Reichweite. Mit Testläufen wie der Beteiligung an den Bürgerschaftswahlen in Bremen oder dem Antritt zur Landtagswahl in Hessen auf Wahlkreisebene dieses Jahr erhöhen wir unsere Bekanntheit und bringen uns in eine möglichst gute Ausgangslage, um die Europawahlen 2024 erfolgreich zu bestreiten und transnationale Solidarität zu verwirklichen. Der Kampf für eine lebenswerte Zukunft aller ist bereits in vollem Gange. Schließ dich diesem Kampf an!

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