Leider nur für die Wenigen: Der Tag der deutschen Einheit

Der Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober: Als deutscher Nationalfeiertag soll er an die deutsche Wiedervereinigung erinnern, die mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 „vollendet“ wurde. Um Mitternacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990 traten die neugegründeten ostdeutschen Bundesländer (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Berlin) dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei.

Aber war es ein Tag der Einheit aller Bewohner:innen aus beiden Teilen Deutschlands? Nein, zumindest war es kein Tag, an dem alle Bewohner:innen eingebunden wurden in die Entscheidung, welche Verfassung sie gerne hätten. Durch den Beitritt der neugegründeten ostdeutschen Bundesländer wurde eine große Chance verspielt: Die Ausarbeitung einer gemeinsamen Verfassung von West- und Ostdeutschen, die im Grundgesetz Westdeutschlands für den Fall einer Wiedervereinigung eigentlich vorgesehen war und ist.

Infolgedessen begann der Siegeszug des Neoliberalismus, der ohne Systemkonkurrenz auf wenig Widerstand traf. Ostdeutsche staatliche Unternehmen wurden zugunsten westdeutschen Kapitals zu Ramschpreisen privatisiert und in vielen Fällen einfach geschlossen. Die Folge: Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Abstieg Hunderttausender, Massenarbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und große Migrationsbewegungen von Ost nach West.

So ist der Tag der deutschen Einheit leider ein Tag für die Wenigen, nämlich denen, die im Besitz dieses Kapitals waren und sind. All das wäre durch eine gemeinsam ausgearbeitete Verfassung vermeidbar gewesen. Hätte man die Menschen in beiden Teilen Deutschlands gefragt, wäre die Eigentumsfrage, vor allem von großen Industrieunternehmen, gestellt worden. Denn es gab in den Jahrzehnten davor auch in Westdeutschland große Protestbewegungen gegen die herrschende Politik.

In Westdeutschland waren die Menschen nach dem Ende des Krieges beispielsweise darauf erpicht, Kriegsverbrecher zu enteignen und Eigentum insgesamt gerecht zu verteilen. “Am 1. Dezember 1946 stimmten 72 Prozent der Hessen für die Enteignung der Großindustrie. Die hessischen Bürger hatten sich für eine wahrhafte Volksverfassung entschieden. Damit entsprachen sie dem übergroßen Willen aller Deutschen. Wo immer es im gleichen Jahr Volksentscheide zur selben Frage gab, ob in Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Sachsen, stimmten zwischen 70 und fast 80 Prozent für Gemeineigentum der Großindustrie.” (Aus Politikum 17. Juni von Daniela Dahn)

Erinnern wir uns also am Tag der deutschen Einheit an die Vielen, die vor und nach dem Beitritt der ostdeutschen Bundesländer auf der Strecke geblieben sind und setzen wir uns für eine demokratische Revolution ein. Mittels einer neuen Verfassung und zwar auf europäischer Ebene kann der Tag der europäischen Einheit den der deutschen Einheit ersetzen und einer der Einheit der Vielen werden.

Dazu aus dem MERA25 Deutschland Grundsatzprogramm: “Hin zur Europäischen Republik: Europa muss demokratisiert werden oder es wird zerfallen. Deshalb setzen wir uns für die Weiterentwicklung der Europäischen Union zu einer föderalen Europäischen Republik mit den Grundpfeilern Freiheit als Nichtbeherrschung, rechtlicher Gleichheit, Gewaltenteilung und zivilgesellschaftlicher Beteiligung ein. In ihr sollen die Bürger:innen Europas ein gemeinsames Parlament sowie weitere legislative Organe wählen dürfen. Ordnungsrahmen sollen nicht länger die Nationalstaaten, sondern Regionen und Städte sein. Eine verfassunggebende Versammlung soll einen neuen Gesellschaftsvertrag für die Errichtung der Europäischen Republik erarbeiten und beschließen.”

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