SPD, Grüne und FDP: Mit Volldampf in die (vermeidbare) Rezession

Die Krisenpolitik der Ampelregierung ist ökonomischer Irrsinn! Wir brauchen stattdessen 1000 Euro Wintergeld für alle, sofortige Preisdeckel für Strom und Gas, endlich Steuer- und Einkommensgerechtigkeit plus die Einleitung einer schnellen und fairen Energie- und Mobilitätswende.

 

Ein Statement des Koordinationsteams von MERA25 und DiEM25 in Deutschland zum wirtschafts- und sozialpolitischen Kurs der Bundesregierung in Zeiten zunehmender Knappheiten und Härten

Mit zuletzt 7,9% (August 2022) bewegt sich die Inflation hierzulande ununterbrochen auf einem außergewöhnlich hohen Niveau, wodurch viele Menschen von Monat zu Monat mehr belastet werden. Gerade Personen mit niedrigem Einkommen haben in dieser Situation Probleme, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, aber auch bis weit in die Mittelschicht hinein ist die Geldentwertung in den Brieftaschen spürbar. Wer schon zuvor wenig hatte und auf Sozialhilfe angewiesen war, steht in finanzieller Hinsicht nun mitunter vor den Trümmern seiner/ihrer Existenz. Die Armut hat in diesem Jahr einen neuen Höchststand erreicht – ein Sechstel der Einwohner:innen Deutschlands lebt mittlerweile unterhalb der Armutsgrenze.

Neben dieser offenkundigen, seit langem vorhandenen und sich momentan stark verschärfenden sozialen Krise steht der hiesigen Wirtschaft, wenn man den Prognosen führender Wirtschaftsforschungsinstitute glauben mag, ein düsterer Winter und ein schwieriges nächstes Jahr bevor. Eine durch die Inflation gedämpfte Konsumlaune trifft auf akuten Fachkräftemangel trifft auf Energiepreisexplosion trifft auf von der EZB fahrlässigerweise verteuerte Kreditkosten – der perfekte Sturm für Stagflation (Kombination aus Stagnation und Inflation) und eine stockende Binnenkonjunktur. Die Ampelkoalition muss sich entscheiden: Jetzt eingreifen, um das Schlimmste noch zu verhindern, oder weiterhin lediglich auf Symptomkur setzen. Ist letzteres der Fall, steht Deutschland (und damit indirekt ein großer Teil Europas) vor einem Abschwung, mit dem verglichen der pandemiebedingte Einbruch der Wirtschaftsleistung 2020 wie ein kleines Stolpern wirkt.

Die Scholz-Administration steht kurz davor, dem vorherrschenden Krisenkomplex aus finanzieller Not, globaler Erhitzung, bald erneut steigenden COVID-19-Infektionszahlen, geopolitischen Spannungen und bedrohter Demokratie eine enorme wirtschaftliche Komponente hinzuzufügen. Wir beziehen Stellung zu den unzureichenden Maßnahmen des dritten Entlastungspakets sowie weiterer Ankündigungen der Regierung:

 

Wintergeld für alle statt Pauschale für Rentner:innen und Studierende

Es ist lobenswert, dass die im vorherigen Entlastungspaket vergessenen Bevölkerungsgruppen der Rentner:innen und Studierenden nun ebenfalls eine Einmalzahlung erhalten. Mit 300 respektive 200 Euro fällt diese jedoch deutlich zu niedrig aus und ist für die meisten nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir fordern im Einklang mit der Kampagne “Genug ist Genug!“ ein der Einkommensteuer unterliegendes Wintergeld von 1000 Euro brutto für alle. Einmalzahlungen und andere auf rückwirkender Umverteilung beruhende Entlastungen dürfen allerdings keine Rechtfertigung oder Ausrede sein, bei der Bekämpfung der Inflationsursachen viel zu schwach vorzugehen – genau dies beobachten wir aber im Moment.

Bedingungsloses Grundeinkommen statt Etikettenschwindel Bürgergeld

Wir sagen es klar und deutlich: Die Umtaufung von Hartz IV (ALG II) in “Bürgergeld” ist nichts als eine beschämende Farce. Alleinstehende Erwerbslose, die heute Hartz IV beziehen, erhalten ab Anfang 2023, wenn das Bürgergeld gelten soll, gerade einmal 53 Euro mehr Unterstützung als bisher. Inflationsbereinigt ist das praktisch keine Erhöhung. Auch die Sanktionsmechanismen bei Nichterfüllung der oftmals erniedrigenden Auflagen werden kaum gelockert. Das Bürgergeld ist somit keine Entlastung, sondern alter Wein in neuen Schläuchen. Wir fordern die Einführung einer universellen Grunddividende sowie perspektivisch eines bedingungslosen Grundeinkommens deutlich über der Armutsrisikogrenze. Darüber hinaus könnten mit einer öffentlichen Jobgarantie überall im Land sinnstiftende und erfüllende Arbeitsplätze entstehen. Durch ein Fürsorgeeinkommen würden diejenigen angemessen entlohnt, die sich um die Pflege oder Erziehung von Angehörigen kümmern.

Steuergerechtigkeit statt nur Abbau der Kalten Progression

Die Angleichung des Einkommensteuertarifs an die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung ist grundsätzlich nicht falsch, ja sogar erforderlich, um eine ungerechte steuerliche Mehrbelastung von Arbeiter:innen zu vermeiden. Wirklich entlastet wird so jedoch niemand, sondern es wird bloß eine zukünftige Mehrbelastung abgewendet. Am stärksten profitieren Besserverdienende, da sie aufgrund der Progression im Einkommensteuertarif nominell eine größere effektive Steuererhöhung zu befürchten hätten als Geringverdienende. Wer heute bereits keine Einkommensteuer zahlt, hat von dieser Maßnahme überhaupt nichts. Unabhängig von der aktuellen Debatte über Entlastungen schlagen wir demnach eine permanente Kopplung des Einkommensteuertarifs an die Inflationsrate vor. Dies sollte allerdings erst nach einer eingehenden Reform der Einkommensteuer umgesetzt werden, welche die individuelle Steuerschuld u.a. auch in Abhängigkeit des eigenen Vermögens berechnet. Für uns gilt der Grundsatz: Besteuerung ist primär ein politisches Instrument zur Eindämmung von Inflation und Ungleichheit sowie der Lenkung von Konsum und privaten Investitionen. Ein ausgeglichener Staatshaushalt ist keine zwingende Erfordernis.

Eine mutige Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket

Der Wegfall des bundesweiten 9-Euro-Tickets für den ÖPNV ist eine Tragödie sondergleichen. Nicht nur hat das Ticket für Millionen von Bürger:innen die Mobilitätskosten teils drastisch gesenkt, es wurden durch den vorübergehenden Verzicht auf so manch eine Autofahrt im dreimonatigen Geltungszeitraum auch 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Die nun angepeilte Nachfolgeregelung im preislichen Rahmen zwischen 49 und 69 Euro pro Monat ist zum einen zu teuer und wälzt zum anderen mindestens die Hälfte der Finanzierung auf die Bundesländer ab, was es sehr fraglich macht, ob es hier zu einer Einigung kommt. Der Bund darf seiner Verantwortung für bezahlbare, umwelt- und klimafreundliche Mobilität nicht ausweichen! Wir verlangen die Fortführung des 9-Euro-Tickets oder eines vergleichbaren Angebots und setzen uns für eine aufrichtige Mobilitätswende ein, die öffentlichen Verkehrsmitteln den Vorrang gibt und einen günstigen bis kostenfreien ÖPNV beinhaltet.

Vergesellschaftung statt Strompreisbremse mit offenen Fragen

Wir begrüßen die Ankündigung der Bundesregierung, für Haushalte und Unternehmen einen Preisdeckel für den Strom-Basisverbrauch etablieren zu wollen. In welcher Höhe dieser Preis liegen, und wie groß das damit bepreiste Grundkontingent an Strom ausfallen soll, dazu hüllen sich Wirtschaftsminister Habeck und seine Kolleg:innen jedoch bislang in Schweigen. Gut ist, dass diese Preisobergrenze durch die Abschöpfung von “Zufallsgewinnen” der Stromkonzerne erreicht werden soll. Ziemlich lächerlich finden wir es allerdings, dass das diese Übergewinne erst ermöglichende europäische Strommarktdesign zwar korrekt von der Ampel als Problemquelle identifiziert, dann aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird. Anstatt wenigstens die Strombörse umzubauen und für jede Stromerzeugungsart einen separaten Großhandelspreis zu ermitteln, was eine sofortige massive Senkung der Verbraucherpreise zur Folge hätte, hält sie stur am sogenannten Merit-Order-Prinzip fest, wonach teuer produzierende Gaskraftwerke den Einheitspreis für jede Kilowattstunde Strom bestimmen. Wir fordern eine Abkehr von der Marktlogik im Energiesektor und das Ende des sinnlosen, simulierten Wettbewerbs bei der Stromversorgung!

Eine schnelle, faire Energiewende statt Gasumlage

Wenn Olaf Scholz den gesellschaftlichen Zusammenhalt beschwört – davon spricht, sich “unterzuhaken” – so scheint inzwischen klar, was er damit meint: Solidarität der Gaskund:innen mit Konzernen wie Uniper und VNG. Die für Oktober geplante Gasumlage wird auf Verbraucher:innenseite voraussichtlich zu hohen Kostensteigerungen führen, die auch die Verringerung der Mehrwertsteuer auf Gas nicht gänzlich wettmachen kann. Knapp die Hälfte der deutschen Haushalte heizt mit Erdgas. Diese Menschen bei ohnehin schon extrem hohen Energiepreisen noch weiter zu belasten und der Inflation einen Schub zu verleihen, ist sozial verantwortungslos und ökonomischer Irrsinn. Die Bundesregierung lässt derweil lieber eine “Expertenkommission“ über die mögliche Implementierung eines Preisdeckels für den Gas-Basisverbrauch beraten, als diese offensichtlich notwendige und problemlos realisierbare Maßnahme unverzüglich in Angriff zu nehmen. Was es neben der Beschleunigung der Wärmewende jetzt dringend braucht, sind Margenkontrollen und Preissubventionen für Energie, sowie kurz- bis mittelfristig die Vergesellschaftung und komplette Dekarbonisierung des europäischen Energiesektors.

Mehr dazu: Unser Statement vom 29. März 2022

 

Unser Fazit: Unzureichend!

Das Kabinett Scholz laviert bei einem Teil seiner Vorhaben im Ungefähren und konzentriert sich viel zu wenig auf die Bekämpfung der eigentlichen Inflationsursachen. Bei den Preisen selbst anzusetzen traut es sich nur in Ausnahmefällen, und trägt, wenn es das doch tut, die falsche ideologische Brille vor den Augen (siehe Strompreisbremse). Das Risiko einer wohlstandsvernichtenden und existenzbedrohenden Rezession mit nachteiligen Konsequenzen für die Vielen steigt täglich, aber die Regierung kommt kaum ins Handeln. Von wegen Fortschrittskoaliton – progressive Politik geht anders!

Unser Ansatz: Politik für radikalen Wandel

Alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind menschengemacht, folglich lassen sie sich auch durch Menschen verändern. Das zu tun, dafür treten wir an. Das wollen wir nicht nur für dich tun – sondern mit dir! Denn Veränderung kommt niemals von oben. Machst du mit? Werde hier MERA25-Mitglied und höre dir im Folgenden unseren hauseigenen Podcast an, in welchem wir die Krisenpolitik der Ampelkoalition konstruktiv auseinandernehmen:

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